Allgemeines, Beschwerden und Behandlung
Das Schultereckgelenk ist die Verbindung zwischen Schlüsselbein und Schulterblatt. Es ist durch eine Kapsel verbunden. Dieses Gelenk wird durch die Kapsel und durch Bänder, die vom Rabenschnabelfortsatz an die Unterfläche des Schlüsselbeins gehen, stabilisiert. Zwischen diesen Knochen
hat es, wie bei allen Gelenken, Knorpel und einen dünnen Diskus, der ähnlich wie ein Meniskus ist.
Obwohl dieses Gelenk nur wenig Beweglichkeit hat, ist es für die Schulterstabilisierung wichtig. Bei Stürzen, vor allem seitlich auf die Schulter, kann es zu einer Sprengung des Schultereckgelenkes kommen. Dabei reissen die Kapsel und die Bänder in unterschiedlichem Ausmasse ein. Bei vollständigem Abriss der Bänder wandert das Schlüsselbein meistens nach hinten oben und liegt u.U. direkt unter der Haut (sogenanntes Klaviertastenphänomen).
Wir unterscheiden drei Schweregrade der Schultereckgelenkssprengung bzw. Verletzung:
Grad I nach Tossy: Dabei kommt es vor allem zu einer Zerrung der Kapsel mit eventueller Schädigung des Diskus und Zerrung der Bänder. Das Gelenk ist oft geschwollen und kann lange schmerzhaft sein.
Die Behandlung besteht aus Ruhigstellung der Schulter bis zum Abklingen der Schmerzen mit anschliessender physiotherapeutischer Betreuung und Einnahme von Schmerzmitteln nach Bedarf. Als Spätfolge dieser Verletzung kann, wegen der Schädigung des Diskus und des Knorpels, später eine Arthrose entstehen.
Grad II nach Tossy: Hier kommt es zu einer Zerrung der Kapsel und Teilruptur der Bänder, dadurch entsteht eine etwas vermehrte Verschiebung des
Schlüsselbeins nach oben und zum Teil nach hinten.
Auch hier ist in den meisten Fällen eine Behandlung ohne Operation (wie bei der AC-Luxation Grad I) angezeigt, jedoch kann in gewissen Fällen eine operative Rekonstruktion der Kapsel und des Diskus notwendig werden.
Grad III nach Tossy: Hier ist das Schlüsselbein in den meisten Fällen erheblich nach oben und zum Teil nach hinten verschoben. Äusserlich ist dies durch den Hochstand des Schlüsselbeines gut sichtbar und es besteht in den meisten Fällen ein sog. Klaviertastenphänomen, das heisst, das Schlüsselbein kann wie eine Taste nach unten gedrückt werden. Bei dieser Verletzung kommt es zusätzlich oft noch zu einem Einriss der oberen und
hinteren Muskelhaut bzw. Muskelfaszie.
Wann operieren wir die vollständige AC- Luxation = Tossy 3?
Die Behandlung, insb. die Frage, ob eine Operation notwendig ist, richtet sich nach den Bedürfnissen des Patienten im Beruf und im Sport: Patienten, die mit der Schulter vor allem Über-Kopf-Arbeiten durchführen oder sportlich sehr aktiv sind, führen wir eher einer Operation zu.
Behandlung ohne Operation
Der Patient bekommt eine Schlinge und darf die Schulter nach Massgabe der Schmerzen bewegen. Tragen von Lasten ist für 6-8 Wochen untersagt. Eine milde Physiotherapie ist oft hilfreich. Die Behandlung ohne Operation kann zum Teil 6-9 Monate dauern, bis der Patient schmerzarm ist. Nicht alle
Patienten ohne Operation werden jedoch schmerzfrei und müssen daher u.U. zu einem späteren Zeitpunkt eine sekundäre Stabilisierung des Gelenkes durchführen lassen. Eine Operation zu einem späteren Zeitpunkt ist jedoch aufwendiger als die Operation bei einer frischen Verletzung.
Behandlung der frischen Verletzung mit Operation
Es wurden in der Vergangenheit mehr als 80 verschiedene Operationen beschrieben. Wir verwenden in Abhängigkeit des Verletzungsmusters und der Patientenbedürfnisse zwei Typen von Operationen:
1. Temporäre Fixation mit einer Clavicula-Hakenplatte mit Adaptionsnaht der Bänder und
Naht der Kapsel
Bei dieser Operation wird das nach oben verschobene Schlüsselbein mit einer kleinen Titanplatte mit einem Haken in die ursprüngliche Position reponiert und die Bänder und die Kapsel werden
genäht. Der Vorteil dieser Methode ist die Möglichkeit, dass der Patient nur wenige Tage eine Schlinge tragen muss und danach die Schulter bis zur Horizontalen bewegen darf. Der Nachteil ist die
Tatsache, dass nach 8-16 Wochen die Platte wieder entfernt werden muss.
2. Operation mittels Kunstbändern (Tight rope)
Bei dieser Methode werden 1-2 Bänder vom Schlüsselbein an den Rabenschnabelfortsatz angebracht, die das Schlüsselbein nach unten ziehen.
Der Vorteil dieser Methode ist, dass in der Regel nur eine Operation notwendig ist, der Nachteil ist einerseits die Tatsache, dass der Patient die Schulter 6 Wochen nur ganz reduziert bewegen darf, da diese Methode weniger stabil ist, als die oben beschriebene. Ein weiterer Nachteil ist, dass es schon zu Ausrissen dieser Kunstbänder am Schlüsselbein gekommen ist, wobei sich dann das Schlüsselbein wieder in die alte, falsche Position nach oben verschiebt und u.U. eine Reoperation notwendig sein kann.